China Spotlights
Cool bleiben
von Verena Nowotny
Es dauert immer ein wenig, bis China auf den Radarschirm der Medien gelangt – aber als die Aktienkurse an der Börse in Shanghai im Sommer binnen weniger Tage um etwa 30 Prozent nach unten rutschten, schlugen alle Alarm: der 24. August werde als „schwarzer Montag“ in die Geschichte eingehen, an dem die chinesischen Börsen auch die Finanzmärkte von Deutschland bis in die USA mit in den Abgrund reißen würden. Denn nicht nur die Börsenkurse sackten kräftig ab, auch die Rohstoffpreise rasselten nach unten und zu allem Überfluss wertete die chinesische Regierung auch noch ihre Währung Renminbi ab - was wiederum wenig erfreulich für westliche Exporteure ist, da nun ihre Ausfuhren nach China teurer würden. Kombiniert mit eher schwachen Wachstumsprognosen für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, zu der China inzwischen aufgerückt ist, ergibt das einen ziemlich toxischen Cocktail.
In solchen Situationen ist es relativ einfach, sich von Angst und Pessimismus anstecken zu lassen. Denn genau in solchen Momenten mangelt es an dem, was dem Normalsterblichen eine Einschätzung der Lage erlauben würde: Kontext. Sind die Kursausschläge nur eine kurzfristige Korrektur oder doch Beginn eines neuen Trends? Sind die Befürchtungen berechtigt oder sprechen solide Fundamentaldaten gegen einen Absturz? Welche politischen Absichten stehen hinter den Veränderungen und welche Möglichkeiten hat die Politik, sie auch konsequent durchzusetzen?
Kontext wird die wertvollste Währung in einer Welt, die an einem Überfluss an Informationen phasenweise zu ersticken droht. Die Vermittlung von Kontext wird dementsprechend das Gütesiegel von sämtlichen Informationskanälen, über die wir verfügen – Medien, Blogs, Veranstaltungen. Das Problem mit Kontextvermittlung ist, dass sie Zeit und Platz braucht – beides eher knappe Ressourcen in einer modernen Medienlandschaft, aber auch im individuellen beruflichen Alltag. Doch die ungebrochene Attraktivität von Plattformen wie dem Europäischen Forum Alpbach erklärt sich genau aus dieser Qualität: in Diskussionen, Einzelgesprächen und Workshops wird es den Teilnehmern etwas leichter gemacht, die heutige Komplexität zu entwirren und für sich selbst eine Einschätzung zu treffen.
Und im konkreten Fall China würde die – nach einer spannenden Paneldiskussion beim diesjährigen Alpbach-Forum – dann vermutlich lauten: trotz aller Turbulenzen cool bleiben.